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Zurück zur ÜbersichtEntgeltlicher Verzicht auf ein Nießbrauchrecht stellt keine Veräußerung dar
Das Finanzgericht Münster entschied, dass die entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchrechts keinen Veräußerungsvorgang i. S. d. § 23 EStG („Private Veräußerungsgeschäfte“), sondern einen von dieser Vorschrift nicht erfassten veräußerungsähnlichen Vorgang darstellt (Az. 6 K 2489/22 E).
Im Jahr 2008 wurde der Klägerin im Wege eines Vermächtnisses ein Nießbrauchrecht an einem Grundstück zugewendet. Dieses Grundstück überließ sie im Jahr 2012 an eine Kommanditgesellschaft, an der sie selbst als Gesellschafterin beteiligt war. Dabei stellten die Mieteinnahmen Sonderbetriebseinnahmen dar. Nachdem die Klägerin im Jahr 2018 aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden war, überführte sie das Nießbrauchrecht in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu einem Wert von 0 Euro in ihr steuerliches Privatvermögen. Die Mieteinnahmen erfasste sie fortan als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im November 2019 verzichtete die Klägerin sodann gegen eine Entschädigungszahlung auf ihr Nießbrauchrecht. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Ablösung des Nießbrauchs zu Einkünften i. S. v. § 23 EStG geführt hat. Die Entnahme des Nießbrauchrechts aus dem Sonderbetriebsvermögen habe zu einer Anschaffung nach § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG geführt, sodass der entgeltliche Verzicht innerhalb der – aufgrund der Nutzung als Einkunftsquelle gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG verlängerten – zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt sei. Die Klägerin vertrat demgegenüber die Ansicht, dass das Nießbrauchrecht nicht veräußert, sondern – als nicht übertragbares Recht – nur abgelöst worden sei. Das Finanzgericht Münster gab der Klage vollumfänglich statt.
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Letzte Änderung: 11.08.2022 © Stefan Siegmann Steuerberater 2022